Deutsch
Die große Treppe in der Pinakothek der Moderne erschließt den Zugang zu den Sammlungsräumen im Obergeschoss. Zugleich formiert sie einen halböffentlichen Raum, der nicht zufällig an die Architektur eines Amphitheaters oder einer Agora erinnert. Die Besucher des Hauses begeben sich beim Betreten der Treppe gleichsam auf eine Bühne, normalerweise jedoch, ohne bewusst auf ihr zu agieren. Ausgehend von dieser Situation wurden zwölf internationale Komponisten und Komponistinnen eingeladen, Lieder zu komponieren, die an diesem Ort aufgeführt werden. Dabei wurden sie gebeten, sich auf politische Ereignisse zu beziehen, die für sie von aktueller Bedeutung sind − Ereignisse, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt ebenso wenig absehbar sind wie die Kompositionen selbst.
Als A-cappella-Stücke werden diese Lieder an zwölf Sonntagen des laufenden Jahres auf der großen Treppe aufgeführt. Festgelegt sind dabei nur die Tage dieser Aufführungen, nicht aber deren Uhrzeiten: Die Sänger und Sängerinnen entscheiden selbst darüber, zu welchen Zeitpunkten sie die Lieder jeweils singen und wie oft sie ihren Auftritt pro Tag wiederholen werden. Anstatt Bühne und Publikum einander gegenüber zu stellen, fügen sich die Sängerinnen und Sänger so mit jedem Auftreten in den Rhythmus der die Treppe Hinauf- und Herabschreitenden ein. Indem sie überraschend auftauchen und mit ihrer Performance beginnen, verwandeln sie die Treppe in einen kurzzeitigen Aufführungsraum, in dem sich nun auch die Besucher wie Akteure eines Stückes wiederfinden. Anders als in einer Konzertsituation entsteht hier unvermittelt ein flüchtiger Zustand, der die Körper der Anwesenden, die hörbaren Klänge und die raumzeitliche Rahmung der Situation in eine unbestimmte, szenische Konfiguration versetzt.
English
The spacious staircase of the Pinakothek der Moderne opens unto the rooms of the museum’s collection on the upper floor. It also constitutes a semi-public space which is deliberately reminiscent of the architecture of the Agora or Amphitheatre. By stepping onto the stairs, visitors also step onto a stage, although usually they do this without consciously “acting”. Using this situation as a starting point, twelve international composers were invited to compose songs to be performed on the stairs. The composers were asked to refer their songs to political events which had a certain current significance to them – events which can no more be predicted at this moment than the compositions themselves.
The songs will be performed as a cappella pieces on twelve Sundays this year on the central staircase. Even though the dates of the performances are fixed, the exact times are not: the singers will decide when they will perform and how many times they will repeat the performance each day. Instead of standing on a stage facing an audience, at every appearance the singers will join into the rhythm of the people stepping up and down the stairs. By entering and beginning their performance at random, they transform the stairs into a momentary stage, on which the audience now finds itself as participants in a play. Unlike a concert, the performances create an unexpected and brief situation that transforms the bodies of the people present, the audible sounds and the spatio-temporal framework of the situation into an unpredictable, performative configuration.