Deutsch
Sarah Sun, Sopran
Daniel Gloger, Countertenor
Andreas Fischer, Bass.
Gemäß Schätzungen von UN-Funktionären wurde bis zu einem Drittel von Afghanistans Mohnernte im Frühling 2010 von einer myste-riösen Krankheit vernichtet, was möglicherweise die Militäroffensiven Amerikas und der NATO im Inneren des Opium produzieren-den Landes kompliziert. Teil der PR-Strategie der Taliban ist es, lokale Anwohner davon zu überzeugen, dass westliche Truppen ihre Mohnernte zerstören. Afghanische Bauern haben dementsprechend begonnen, den US- und NATO-Militärs die Schuld für die Verbreitung der Krankheit zu geben, sagen UN-Funktionäre. An vielen Orten hat die Fäule mehr als die Hälfte einzelner Mohnfelder ausgelöscht.
Das amerikanische Militär – das entschieden hat, dass großflächige Ausrottung kontraproduktiv sein kann im Bezug auf ihr Bemühen, die Afghanen für sich zu gewinnen – negiert ausdrücklich jegliche Beteiligung, und UN-Funktionäre behaupten, die Krankheit sei natürlichen Ursprungs. Außer einer Befeuerung des Propagandakriegs könnte die Plage auch dem Aufstand der Taliban mit einer Preissteigerung helfen. Reduzierte Produktion verursacht nach Jahren abnehmender Preise eine Preissteigerung von Opium um 60 Prozent. Während es keinen Beweis für die Rückkehr der Krankheit in den kommenden Jahren gibt, könnten die steigenden Preise es schwer machen, Bauern dazu zu überreden, den Anbau aufzugeben. Die Preissteigerung erhöht auch den Wert von Opiumvorräten im Besitz von Händlern und Rebellen um hunderte Millionen Dollar. Angeblich versorgt der Opiumhandel die Taliban mit einem großen Teil ihres Budgets. Afghanistan liefert 90 Prozent der weltweiten Opiumproduktion.
Wahrscheinlich wurde die Krankheit von einer Blattlaus verursacht, sie könnte jedoch auch die Folge eines Pilzes oder Virus sein. Ein wichtiger Teil der neuen Militärstrategie Amerikas und der NATO ist eine behutsame Herangehensweise an den Opiumanbau. Das Militär hat schwerwiegendere Maßnahmen wie die großflächige Ausrottung aufgegeben, und die Truppen versuchen jetzt Mohnbauern mit finanziellen Anreizen dazu zu bringen, auf andere Feldfrüchte umzusteigen.
Statement
Der Kampf um »Herz und Verstand« der Men-schen in Afghanistan hängt, so wie überall, davon ab, es Menschen zu ermöglichen, die größten Vorteile aus den bestehenden Beziehungen mit ihrer Gesellschaft, ihren Traditionen und ihrem Land zu ziehen. Die Amerikaner verlieren diesen Kampf in Afghanistan, wenn sie die Mohnernte vernichten, wenn sie den Opiumhandel ersticken, wenn sie das lukrativste Erzeugnis, das ein Afghane produzieren kann, beschlagnahmen.
Der Rest ist Wunschdenken: dass das stau-bige und vergessene Land fruchtbar wird, sein Volk unabhängig, erfindungsreich und ökonomisch erfolgreich. Stattdessen steht – vor dem afghanischen Bauer, zwischen ihm und dem glückseligen Trugbild der Mohnernte – ein fremder Soldat, ein Cyborg-Dschinn, hervorgerufen aus einem entfernten, reichen Winkel auf der anderen Seite der Welt. Würde Hass nicht natürlich in dieser Szene vorkommen?
All das hat im Wesentlichen nichts zu tun mit dem Überdosis-Tod armseliger russischer Junkies, der Infiltration des Heroins in die nicht mehr zum Selbsterhalt fähige Euro-Mittelklasse, den Einbrüchen und Überfällen auf den Straßen US-amerikanischer Städte. Der Heroinhandel wird vom Markt beherrscht. Aber irgendwie scheint die einfache Logik, dass ein ausreichend hoher Preis problemlos jeden Markt in die Enge treiben kann, den moralischen Schleier und käuflichen Militarismus des Westens nicht zu durchdringen. Der Westen scheint der Meinung zu sein, dass Afghanistan im Kampf besiegt und nicht nur auf einem Warenmarkt gekauft werden muss, um eingenommen zu werden. Außerdem, was würden wir mit dem ganzen süchtig machenden Schmerzmittel machen? Wie könnten wir es verwenden? Einmal fand ich eine ver-lassene Unze Heroin auf meiner Veranda. Ich spülte sie die Toilette hinunter.
English
Sarah Sun, Sopran
Daniel Gloger, Countertenor
Andreas Fischer, Bass.
Up to one-third of Afghanistan’s poppy harvest in spring 2010 was destroyed by a myste-rious disease, according to estimates revealed by UN officials, potentially complicating the American and NATO military offensives in the country’s opium-producing heartland. The Taliban’s public relations strategy against the offensives includes trying to convince local residents that Western troops will destroy their poppy crops, and Afghan farmers have started blaming the American and NATO militaries for spreading the disease, UN offi-cials say. In many places, the blight has wiped out more than half of individual poppy fields.
The American military — which has decided that widespread eradication can be counterproductive to winning over Afghans — emphatically denies any involvement, and UN officials say the disease is naturally occurring. Besides fueling the propaganda war, the blight might also help the Taliban’s insurgency by giving prices a boost. Reduced production is causing prices for fresh opium to soar as much as 60 percent, after years of declining prices. While there is no evidence that the disease will return next year, the rising prices may make it harder to persuade farmers to give up the crop, he said. The price increase is also raising the value of opium stockpiles held by traffickers and insurgents by hundreds of millions of dollars. The opium trade is believed to provide the Taliban with a large portion of their budget. Afghanistan produces 90 percent of the world’s opium.
The disease is likely to have been caused by an aphid, but it could also be the result of a fungus or virus. A crucial part of the new American and NATO military strategy has been a soft-glove approach to opium cultivation, which dominates the economy of much of southern Afghanistan. The military has abandoned tougher measures like widespread eradication, and now troops are trying to induce poppy farmers to switch to other crops by using financial incentives.
Statement
The battle to win the people’s »hearts and minds« in Afghanistan, as everywhere else, depends on making people able to take the fullest advantages of their established relations with their society, their customs, and their land. The Americans lose this battle in Afghanistan when they cut the poppy crop off at the knees, when they strangle the opium trade, when they draw and quarter the most cash-intensive commodity that an Afghan can possibly produce.
The rest is wishful thinking: that the dusty and forgotten land should become fertile, its people independently inventive and economically successful. Instead, there stands – in front of the Afghan farmer, between him and the blissful mirage of the poppy crop – an alien soldier, a cyborg djinn, called forth from a remote rich redoubt on the other side of the world. Would hate not course naturally through this scene?
All of this substantially has nothing to do with the overdose deaths of squalid Russian junkies, the infiltration of heroin into the post-subsistence Euro middle class, the break-ins and muggings on urban American streets. The heroin trade is ruled by the market. But somehow the simple logic that paying a high enough price can readily corner any market doesn’t seem to penetrate the moral veil and venal militarism of the West, which seems to feel that Afghanistan must be fought to be won, not just bought on a commodity market. Besides, what would we do with all that addictive painkiller? How would we use it? Once I found an ounce of heroin abandoned on my porch. I just flushed it down the toilet.
Quellen / sources: nytimes.com therealnewsjournal.com (Letzter Zugriff / last access: 10. 6. 2011)